Vom 18.–23. Juni 2011 startet ein Jungforscherteam in Richtung Sizilien. Ziel ist es, vor Ort zu vier unterschiedlichen geowissenschaftlichen Themen zu arbeiten. Daraus werden sich drei Jugend forscht-Projekte und ein Schüler experimentieren-Projekt im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften für den Wettbewerb 2012 ergeben. Im Mittelpunkt steht dabei aktuelle vulkanologische Forschung.
Wie schon in zahlreichen Projekten (seit 1998) zuvor, wird das Team des Gymnasiums Heidberg auch 2011 wieder eng mit Wissesnchaftlern vor Ort kooperieren. Mit „im Boot“ ist das Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia – Sezione di Catania (INGV), über das sowohl manpower als auch Datenmaterial zur Verfügung gestellt werden. Maßgeblich verantwortlich für die Durchführung des Projekts sind Betreuungslehrer Wolfgang Fraedrich und der Vulkanologe Dr. Boris Behncke vom INGV.
Bericht von Samstag, dem 18. Juni 2011
So wünscht man sich den Auftakt einer mehrtägigen Ausfahrt: Alles hat perfekt geklappt. Nach zwei sogar überpünktlichen Flügen (mit Zwischenstation in Wien) sind wir um 16:50 Uhr in Catania gelandet. Es ist heute hier der erste wirklich sommerliche Tag in Sizilien mit wolkemfreiem Himmel, mondklarer Nacht und tagsüber 29 °C.
Auf der halbstündigen Fahrt von Catanias Flughafen über die Autobahn nach Mascali gab es noch einen Zwischenstopp in Giarre, um dort in einem Supermarkt alles fürs Frühstück für die nächsten Tage und ausreichend Getränke einzukaufen. Mit vollem Fahrzeug fuhren wir in die Via Conte Ruggero in Mascali vor, wurden dort herzlich von unserer Vermieterin Maria Mondello empfangen.
Nach dem Check in ging’s dann aber gleich wieder los, denn am Abend stand ein erstes Treffen mit unserem Mentor des INGV, Dr. Boris Behncke, auf dem Programm. Seine Familie (Frau und Tochter) begleitete ihn zu einem gemeinsamen Abendessen mit uns in einem Restaurant in Trecastagni, das auch am kommenden Dienstag wieder ein Treffpunkt sein wird, denn der Inhaber ist Mitglied des Gemeinderats und dieser wie auch seine Gemeinderatmitglieder samt Bürgermeister haben großes Interesse an einem der Projekte signalisiert und wollen in ihrem Rahmen Unterstützung leisten, in dem es darum gehen wird, die Gefahrensituation für die Bevölkerung und die Stadt insgesamt zu analysieren. Welche Möglichkeit der Zusammenarbeit bestehen, soll dann in einer Gesprächsrunde ausgelotet werden.
Um 23:00 Uhr fuhren wir dann die knapp 20 km wieder zurück nach Mascali. Ein erster erlebnisreicher Tag mit vielen neuen Eindrücken ging zu Ende.
Bericht von Sonntag, 19. Juni 2011
Heute haben wir eine fast vierstündige Wanderung an der Nordflanke des Ätna gemacht, sind von der Piano Provenzana (auf rd. 19oo m Höhe) hinauf auf etwa 2500 m Höhe gewandert, um dann auf dem Rückweg, die ganzen Schlackenkegel entlang des NE-Rift abzulaufen. Ole hatte hier sein Programm, er musste die ersten der zahlreichen Gesteinsproben nehmen, die er in der Folge im Rahmen seines Projekts untersuchen wird. Der Blick in die vielen tiefen Krater und die gewaltige Ausdehnung der hiervon ausgehenden Lavaströme ließ deutlich werden, welche Urgewalten hier im Herbst 2002 gwirkt haben.
Gut gebräunt (auch in der Höhe war das T-Shirt angesagt, in Meerehöhe waren es heute
31 °C) und mit einige kleinen Schrammen an Händen und Beinen ging es am Nachmittag wieder zurück nach Mascali.
Diese erste Ätna-Tour sollte ein kleiner Vorgeschmack auf das Programm für Montag sein, wenn die Gipfelregion das Ziel sein wird, dann gemeinsam mit Boris Behncke. Dort werden wir uns in rd. 3000 m Höhe aufhalten und das Typische für diese sich ständig wandelnde Landschaft erkunden.
Am heutigen Abend tat dann ein wohlverdientes Bad im Mittelmeer gut, das wir am Strand von Fondachello (2 km von Mascali entfernt) genossen haben.
Bericht von Montag, 20. Juni 2011
Der heutige Tag war sicher für viele von uns der erlebnisreichste der knapp eine Woche dauernden Projektreise, denn uns bot sich tatsächlich ein Blick in einen der Gipfelkrater, die Bocca Nuova. Der beißende Geruch von Schwefeldioxid und die mit dem Aufstieg auf rd. 3200 m Höhe verbundene Anstrengung machten zu schaffen, aber das war es wert. Seit vielen Wochen war es laut Boris der erste Tag, an dem eine solche Tour wieder möglich war. Viel zu heftig waren die Explosionen in den Wochen zuvor und viel zu unsicher und schlecht das Wetter. Heute aber war die Wetterlage absolut stabil und berechenbar. Der Wind aus nordwestlicher Richtung deutete an, dass Aschen sofort in Richtung Osten transportiert werden, uns also oben nicht nennenswert beeinträchtigen können.
Also wählte Boris eine Route an die Westflanke der Gipfelregion, über die es dann auch steil hinauf ging. Oben angekommen, wurde jeder kurze Weg von Boris genau geprüft, und endlich fand er das, was viele einfach genießen wollten: einen Blick in einen der Krater. Aus respektvollem Abstand von gut 50 m sahen wir, wie ständig Gase aufstiegen, die nächste Eruption folgte allerdings erst, als wir schon auf dem Rückweg waren. Die damit verbundene Geräuschkulisse blieb uns also verwehrt. Nach der insgesamt knapp dreieinhalbstündigen Gipfelwanderung ging es dann noch weiter zur Messstation des INGV, von wo aus der Blick auf das Massiv des Südostkraters am besten ist. Auch hier erläuterte Boris Geschichte und Strukturen der Gipfelkraterregion. Danach ging’s wieder abwärts – ein Teil der Gruppe mit dem Fahrzeug des INGV, der andere Teil mit Geländebus und Seibahn.
Nach einem gemeinsamen Snack an der auf rund 1900 m Höhe gelegenen Rifugio Sapienza wurden Verabredungen für die folgenden Tage getroffen, dann ging’s zurück nach Mascali. Das Bad im Mittelmeer rundete einen mehr als gelungenen Tag ab.
Bericht von Dienstag, 21. Juni 2011
150 Jahre Ätna-Geschichte in nur 90 Minuten. Geht das? Ja! Boris gab uns allen heute einen mehr als anschaulichen und informativen Überblick über die verschiedenen Epochen der Ätna-Eruptionen, scrollte auf dem PC-Bildschirm rauf und runter und erläuterte ein Foto und eine Abbildung nach dem/der anderen und gab dabei auch den einen oder anderen Rückblick auf zurückliegende SVMP-Touren seit Beginn im Jahr 1998. Das war für uns alle Input total!
Nach den beiden Ätna-Touren am Sonntag und Montag stand heute also ein erster Besuch des Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia (INGV) auf dem Programm. Johanna, Sandra und auch das 3er-Team Marvin, Martin und Paul mussten hier erste Absprachen für die eigenen Projekte treffen, soweit es die Theorie des Ätna betrifft. Für den morgigen Tag wurden entsprechende Vereinbarungen getroffen, um dann gezielt an die Arbeit gehen zu können. Boris’ Kollege Horst Langer wird dann auch zu uns stoßen und als Spezialist seine Kenntnisse zur Verfügung zu stellen.
Die Fahrt nach Catania führte uns auf der Küstenstraße zum Ziel, mit einem kurzen Zwischenstopp in Aci Trezza, einem kleinen Fischerstädtchen, das schon seit vielen Jahren auch touristisch stark überprägt ist. Dabei ging der Blick für die Vulkanologie nicht verloren, denn vor der Küste Aci Trezzas stehen im Meer spitzkegelartig aufgebaute Felsen, die winzigen Zyklopeninseln. Sie sind ebenso Zeugen des vulkanischen Ursprungs (vor rd. 600.000 Jahren) in der Ätnaregion wie die stark verwitterte und von der Meeresbrandung überformte Kissenlava, die zum Beispiel auch im Hafenbecken zu sehen ist.
Das Treffen mit dem Gemeinderat in Trecastagni mussten wir um einen Tag auf morgen verschieben, weil er kurzfristig verhindert war.
Die Rückfahrt nach Mascali führte uns eindrucksvoll vor Augen, wie der Straßenverkehr in Sizilien funktioniert – Chaos pur. Für die 15,7 km lange Strecke von Trecastagni nach Mascali benötigten wir mit einem kurzen Zwischenstopp zum Einkaufen satte 1 Std. und 55 min.
Der Abend klang mit einem Grillabend aus, was will man mehr?
Bericht von Mittwoch, 22. Juni 2011
Heute waren wir nicht in Gelände im klassischen Sinne, aber es war mindestens ebenso anstrengend. Diesmal aber mehr deswegen, weil einfach ein hohes Maß an Konzentration erforderlich war.
Marvin, Martin und Paul waren mit Boris’ Kollegen Horst Langer beschäftigt, bekamen eine rd. vierstündige Einweisung in eine spezielle Software für die Analyse vulkanologischer Messdaten, gleichzeitig wurden die Software und so genannte Referenzdaten auf Pauls Laptop installiert.
Johanna sichtete Bild- und Kartenmaterial mit und auch von Boris, das für ihre weiteren Analysen von Bedeutung sein wird. Und Sandra präparierte sich auf die abendliche Gesprächsrunde in Trecastagni, zu der eigens Bürgermeister Dr. med. Giuseppe Messina erschienen war. Er plauderte eine Weile mit uns und traf mit Sandra und Boris die Absprachen für die weitere Vorgehensweise bei der Befragung der Bevölkerung Trecastagnis. Einzig Ole konnte sich entspannt zurücklehnen, denn er hatte seine Gelände- bzw. Vor-Ort-Arbeit bereits vollständig erledigt.
Und dennoch war am Vormittag noch Zeit genug, um die Via Etnea, die Haupteinkaufsstraße Catanias, bis zum Dom hinunter und wieder zurück zu gehen – mit einem fast schon obligatorischen Eis-Stopp in einer Gelateria am Piazza Duomo.
Der Abend klang in Trecastagni mit einem gemeinsamen Abendessen mit Boris aus. Vorher hatten wir von dort aus beobachten können, wie eine kleine Eruption nach der anderen am Ätna-Gipfel stattfand. Dabei wurde eine lang gezogene Aschenfahne auf das Mittelmeer hinaus getrieben. Dies machte uns bewusst, wie treffsicher Boris den Montag dieser Woche für die Gipfeltour festgelegt hatte. Ein Aufenthalt dort oben am heutige Tag dort, wo wir waren, wäre viel zu gefährlich gewesen.
Um 22:30 Uhr verabschiedeten wir uns, fuhren zurück nach Mascali, packten unsere Koffer und gingen ins Bett, denn wir müssen schon am kommenden Morgen um 8:00 Uhr am Flughafen in Catania sein. Der viertägige Aufenthalt, der in jeder Hinsicht ein Erfolg war, ging zu Ende.
Bericht von Donnerstag, 23. Juni 2011
Nach der späten Rückkehr aus Trecastagni am Vorabend war die Nacht kurz, denn um 6:00 Uhr mussten wir bereits wieder aufstehen, um die Wohnungen noch aufzuräumen, die Koffer fertig zu packen, diese im Auto zu verstauen und die rd. 50 km bis zum Flughafen zurück zu legen, damit wir pünktlich für den Flug nach Hamburg einchecken konnten.
Der Ätna ließ zum Abschied noch zahlreiche „Huster“ los, Aschenwolken, die Höhen von 300 m und mehr erreichten.
Es lief soweit alles reibungslos, bis der Security-Check an der Reihe war. Obwohl das Fluggastaufkommen eher normal erschien, brauchten wir geschlagene 35 Minuten, bis wir endlich durch waren. Dass die boarding time in der Zwischenzeit längst verstrichen war, brachte uns aber nicht aus der Ruhe, denn man hatte uns versichert, dass die Maschine nach Mailand (unserem Zwischenstopp) auf jeden Fall auf uns (und andere Fluggäste) warten würde.
Der Start führte uns nach Osten hinauf aufs Mittelmeer und in einer lang gezogenen Linkskurve ging es an der Ostküste Siziliens vorbei (dabei bot sich ein faszinierender Blick auf den Ätna) und über die Äolischen Inseln hinweg nach Norden.
In Mailand angekommen, warteten vier Stunden Pause auf uns, die wir aber mit einer kleinen Mahlzeit und der Sichtung und Bearbeitung von Fotos sinnvoll verbracht haben.Um 15:25 Uhr ging es dann weiter nach Hamburg, wo wir pünktlich landeten und von unseren Familien empfangen wurden. Nach sechs Tagen interessanter Arbeit am Ätna und seiner Umgebung hat uns der Alltag wieder und es geht nun in die letzten Schultage vor den Sommerferien.
E N D E